Für digitale Bohemiens zum Runterholen.

Alle selbst-ernannten Mitte-Berliner, die nach Lektüre von „Wir nennen es Arbeit“ ihren ersten A7-Flyer für die Electro-Tanznacht im Party-Keller der Ex-Freundin gestaltet haben oder in ihrem Blog die unglaubliche Begegnung mit dem Fahrkartenautomaten in der Station „Frankfurter Tor“ geschildert haben und sich deshalb darauf einen runterholen, dass sie nun als 100%-originaler digitale-Boheme-Künstler zu gelten haben, sollten mal kurz die Hand aus der Hose und dafür die aktuelle Zeit auf Seite 49 zur Hand nehmen (oder diesen Link ansurfen).

Thomas Gross Artikel über die Wandlung des Pop zur „Creative Industries” kann jedem Wir-nennen-es-Arbeitenden (den Autor dieses Blogs ausdrücklich eingeschlossen) und allen, die es noch werden wollen, zur gelegentlichen Standort-Bestimmung im Bereich der Kultur nur empfohlen werden:

„Der Schritt vom Bohemien alten Schlags zum Anbieter von Kulturwaren bedeutet nämlich nicht nur einen Zugewinn an Selbstaufklärung, er stellt auch einen überlieferten Topos der Avantgarde auf den Kopf: die Idee, die Sphäre der Kunst befände sich in fundamentalem Widerspruch zu den Erfordernissen des geschäftlichen Alltags. Im Zeichen der Creative Industries greift beides ineinander.“

Wobei – Dialektik der Kritik – sich aus dem Text nicht nur Selbsterkenntnis gewinnen, sondern auch ein paar Argumente ableiten lassen, warum Papi auch noch für die nächsten fünf Praktika, die Boutique in Friedrichshain oder das neue MacBook zahlen muss.

Ach ja: Falls sich jemand durch den rüden Ton dieses auf den Off-Couture-Schlips getreten fühlt – bitte nicht persönlich nehmen.

Schließlich gilt auch für den Autor dieses Blogs mit Blumfeld: „Mach doch mal einer den Kulturkack aus. Ach, geht ja nicht, lass bloß an, bin ja selber drin.“


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