Ein paar Bemerkungen zum vermeintlichen Kulturereignis der Woche:
Auf Sieche auch noch einzudreschen ist nicht witzig. Für einen wachsenden Teil der Bevölkerung hat das Fernsehen seine Funktion als Leitmedium verloren. Die zeitweise Begeisterung des Feuilletons für Harald Schmidt gründete darauf, dass er am Ende der „TV-Ära“ die Selbstreflexivität des „Nullmediums“ (Hans Magnus Enzensberger) ausreizte und so dessen Leere vorführte.
Aber wir schreiben 2007 und an die Macht des TV als Volksbildungsanstalt und primäre Informationsquelle glauben nur noch Intendanten, Politiker, Fernsehkritiker und das Adolf-Grimme-Institut. Der Begriff „Unterschichtenfernsehen“ ist fast schon ein Pleonasmus. Insofern das Klischee aber unterstellt, dass TV in „bildungsfernen“ Schichten als Tagesbegleitmedium, dem jeweils nur ein kleiner Teil der Aufmerksamkeit gewidmet wird, genutzt wird, dürfte es auch für besagte Gruppe nicht die unterstellte Bedeutung besitzen noch die implizierte Verführungskraft auf sie besitzen.
Wenn der Rundfunk seine schichtenübergreifende intergrative Funktion verloren hat, dann sind trällernde Soap-Stars und Fernsehansagerinnen eben nicht einmal mehr C-Promis (hierin liegt die komische Tragik Eva Hermans, dass sie sich selbst eine Bedeutung zuschreibt, die sie gar nicht mehr hat) und dem „Prinzip Schmidt“ ist die Grundlage abhanden gekommen.
Dementsprechend wirkte die Premiere von „Schmidt und Pocher“ so anachronistisch wie Kohl-Witze. Den Bedeutungsverlust seiner Zielscheibe kann Schmidt nicht kompensieren, denn auch die anderen Gegenstände seines Humors funktionieren nicht mehr. Seit „Political Correctness“ ihre frühere Hysterie verloren hat, ist mit Provokationen gegen sie kein Blumentopf mehr zu gewinnen.
Scherze über Randgruppen (Schampoo „Musta-Fa“, höhöhö) sind nur noch was sie immer waren: Ausgrenzende Diskriminierung gegründet auf dem wohligen Bade im vermeintlichen Common Sense. Das ist nicht witzig, sondern platt.
Wer glaubt mit dem Ausruf „Ficken“ noch die Zuschauerschaft der öffentlich-rechtlichen Anstalten erregen zu können, hat nicht verstanden, dass eine schale Zote manchmal eben nur eine schale Zote ist und das Publikum nicht dumm genug, eine solche noch als etwas Bedeutenderes zu goutieren.
„Schmidt und Pocher“ lieferte weder den sehnsüchtig in den Kulturteilen der Republik herbeierwarteten Skandal, noch eine Sternstunde des Fernsehens. Eher eine Lehrstunde über seinen Bedeutungsverlust. Eine Stunde, der man anmerkte, dass der Lehrer den Stoff schon unzählige Male gleich zubereitet serviert hat und mittlerweile nur noch die Pensionierung herbei sehnt.
Dem der Sendung vorangegangenen Medien-Bohei zum Trotz: Schmidts Sendung ist – ob mit oder ohne Pocher – mittlerweile sowas von irrelevant wie das Medium Fernsehen selbst.
(Nachtrag: Ein Urteil, zu dem auch die FAZ kommt.)