Liebes Tagebuch (24): Links überholen.

das hat uns zur vollständigen Besinnlichkeit der Adventszeit noch gefehlt: So eine richtig folgenlose Sozial-Neid-Diskussion. Was gibt es Schöneres vor wichtigen Landtagswahlen Weihnachten als noch mal so einen richtig dicken populistischen Popanz aufzublasen und die roten Männer von der Linkspartei auf der namensgebenden Seite zu überholen?

Sicher ist es überhaupt nicht gerecht, dass erfolglosen Managern die von ihnen angeordneten Entlassungen bei ihrer eigenen noch „vergoldet“ werden. Aber wenn Herr Beck, Frau Merkel und ihre jeweiligen Parteigenossen sich schon um die angemessene Entlohnung sorgen, sollten sie dann auch nicht konsequent sein und fordern, künftig alle Einkommen auf Basis des gesellschaftlichen Wert einer Tätigkeit zu berechnen? Vielleicht ist ja die Arbeit von Krankenschwestern, Literaturwissenschaftlern, Fusspflegerinnen oder Betriebsräten (wobei es für die Vergütungen von Arbeitnehmervertretern ja bereits interessante Modelle aus dem Hause Hartz gibt …) viel wertvoller, als die von Vorstands- oder Parteivorsitzenden …?

Man sieht, wenn man eine solche Debatte beginnt, rührt man an Fragen, die sich vor den nächsten Wahlen gar nicht klären lassen. Aber nach den Wahlen kann man ja dann die Sache auch vergessen erstmal eine Experten-Kommission berufen …

[Nachtrag: Dass sich die Probleme einer schwindenden sozialen Kohärenz aufgrund wachsender Einkommensunterschiede im Extremfall zu einem gravierenden Legitimationsproblem für das politische System entwickeln können, kann man allerdings auch ohne Kommission prognostizieren. Und dass Symbol-Politik á la Kurt Beck („Manager-Gehälter gesetzlich begrenzen“), die soziale Fehlentwicklungen als gesetzlich zu begrenzendes Fehlverhalten genau zu bestimmender Personen oder Personengruppen darstellt, dem drohenden Legitimitätsverlust eher noch Vorschub leistet, auch.]


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