Jahresrückblicke Anfang Dezember sind doof, daher pünktlich zum Jahresende die Rückschau auf die tollsten Trends 2007.
Mann des Jahres: Wolfgang Schäuble
65 und kein bisschen weise: Jede Woche jagte der Innenminister eine neue nur bedingt verfassungskonforme Sau durch Berlin und sicherte sich das Interesse der bundesdeutschen Blogosphäre. Kaum ein Weblog, dass noch ohne einen Schäuble-Starschnitt auskommt. Und falls er nächstes Jahr nicht gleich das ganze Internet sperrt oder die Republik prophylaktisch mit Atomwaffen bombardieren lässt, dürften wir 2008 mindestens genau soviel über ihn lesen.
Aufsteiger des Jahres: Kurt Beck
Dem Vorsitzenden sei‘s gedankt: Die SPD ist wieder Programm-Partei. Letzteres ist von bestechender Schlichtheit: „Wenn Angela Merkel dafür ist, sind wir dagegen, auch wenn wir von einem halben Jahr noch dafür waren.“ Die Begeisterung beim Wahlvolk hält sich zwar noch in Grenzen, aber vielleicht ist auch das Programm: Wenn Frau Merkel nach 2009 regieren will, will Kurt Beck es schon aus Trotz nicht.
Innovation: Das Sicherheitsdienst-Backup
Betriebssystemunabhängig und völlig kostenlos: Die neuen Backup-Dienste ihrer Sicherheitsbehörden. Der Rundumschutz für alle Daten auf PC und Mobiltelefon. Wenn sie wissen wollen, mit wem sie gestern telefoniert haben, wo sie sich aufgehalten haben oder welche Dateien auf ihrer Festplatte liegen – einfach 0800-BUNDESTROJANER wählen und schon geben die freundlichen Helfer von Brigitte- „Was ist ein Browser“-Zypries und Wolfgang Schäuble ihre persönlichen Daten an die nächste Polizeidienststelle.
Gesellschaft: Kinder
Ob zu verwöhnt oder verwahrlost, zu dick oder zu dünn, in Muttis Schoß oder dem der Kinderkrippe erzogen: Nachwuchs war das Mega-Thema des Jahres. Politik und Medien haben die alte Weisheit, dass „Tiere und Kinder immer gehen“ durch „Es gehen nur noch Kinder“ ersetzt. 2007 waren wir alle irgendwie Eltern – und Ursula von der Leyen die Übermutter der Nation.
Politik: Das neue Familienbild der CDU
„Familie ist, wo Wähler sind“ – nach diesem Motto hat die Union ihr Familienbild entstaubt und täglich neue Gesetzesinitiativen in die Debatte um „Herdprämien“ und „Gebärmaschinen“ geworfen. Und einige Minister und Ministerpräsidenten (wie Herr Seehofer, Herr Wulff und Herr Öttinger) haben die neuentdeckte Liberalität auch gleich in die eigene Lebenspraxis umgesetzt. Devise für‘s nächste Jahr – wenn es das 40-jährige Jubiläum von ’68 zu begehen gilt: „Wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört nicht zum Partei-Establishment:“
Reisen: InterRail im Nahverkehr
Dank Manfred Schell hat nicht nur im Rheinland der Ausruf „Der Zoch kütt“ im letzten Jahr wieder Neuigkeitswert erhalten. Auch der normale Nahverkehrspendler hat im Zuge der Tarifauseinandersetzungen echte InterRail-Stimmung genießen dürfen: Mit Übernachtung auf dem Bahnsteig und frischen Croissants der Mitropa (oder wie immer die Bahn-Gastronomie jetzt heißt). Einzig Frau Mehdorn dürfte diese Entwicklung nicht gefallen, mussten doch ihre Blumen-Rabatte dran glauben, wenn ihr Gatte in der Küche das Orakel befragte: „Die GDL verhandelt, verhandelt nicht, verhandelt, verhandelt nicht …“.
Mega-Trend: Verbote
Endlich Schluss mit der Spassgesellschaft, das Fazit für 2007 lautet: Es hat sich ausgeraucht, ausgetrunken und ausgehungert und fast hätte es sich aus noch ausgefummelt gehabt. Aber es muss im neuen Jahr ja auch noch was zu verbieten geben.
Allen Lesern einen Guten Rutsch und ein Gutes Neues Jahr.