Ende Juni: Der Sommer ist da und vor allem – It’s Bachmann-Time. Man könnte ja meinen: „Literatur im Fernsehen – da kommt es auf das Eigentliche – die Literatur – gar nicht mehr so an (das hat der Bachmannpreis mit dem Eurovision Song Contest gemein …).” Und schockierenderweise wird diese kulturpessimistische These von meiner persönlichen Einschätzung des ersten Tages bestätigt: Der Autor mit dem originellsten Videoportrait,erwies sich auch als mein literarischer Favorit. Die Autorin mit der gewollt-originellsten Selbstdarstellung, ist nach der ersten Etappe auch mein Kandidat für den „Besenwagen” (was einige der Juroren allerdings anders sahen – Apropos Jury: Ich vermisse dieses Jahr André Vladimir Heiz.)
Und nun ohne weiteres Aufhebens die absolut subjektive Rangliste nach Tag 1:
1. Phillip Weiss: „Blätterliebe“. Videoportrait und Text (und auch die Einlage während der Diskussion) bewegen sich hart an der Grenze zum Manierismus, aber da diese meines Erachtens nicht überschritten wird: Mein Favorit von heute.
2. Bruno Preisendörfer: „Fifty Blues”. Ich habe mich amüsiert – die Jury war sehr geteilter Meinung.
3. Lorenz Langenegger: „Der Mann mit der Uhr”. Der Autor kommt im Video super-sympathisch ‘rüber, der Text ist es auch (Langenegger scheint ein großer Kafka-Fan zu sein) – doch leider auch ein wenig betulich.
4. Karsten Krampitz: „Heimgehen. Eine Novelle.“ Hhm – ein Romanauszug. Eventuell wüsste ich gerne, wie’s weitergeht. Eventuell aber auch nicht.
5. Christiane Neudecker: „Woviel Licht ist”. Leider ist der Text von Christiane Neudecker ebenso vorhersehbar zwangsoriginell wie ihr Videoportrait. Die Autorin verdient ihr Geld mit multimedialen Kunstinszenierungen und so liest es sich dann auch. Irgendwie ist mir das alles ein bisschen zu elektronisch: „Meine Hände zucken auf mein Keyboard, meine Finger fliegen über die Tasten, der Umriss der Tänzerin im Kontrollfeld meiner Software gehört mir. Ströme von Zahlenkombinationen laufen über den Monitor, ich entwerfe Algorithmen, schnell, schneller, ich greife mir ihren Schatten, ich manipuliere ihn, gebe die Befehle: analysieren, verzögern, f2, f3, enter.” Sorry, aber da ist bei mir Klischee-Alarm …
(Da die Diskussion auf der Multimedia-Seite des Bachmannpreises falsch verlinkt ist, hier der richtige Link:)
mms://apasf.apa.at/nocms-worldwide/kaernten_tddl_2009_neudecker_disk.wmv
Vorläufiges Fazit: Den neuen Rainald Goetz habe ich noch nicht gesehen, aber es ist ja auch noch nicht aller Tage der deutschsprachigen Literatur 2009 Abend …