Liebes Tagebuch,
der großkoalitonäre Honeymoon scheint beendet. Ausgerechnet über ein Projekt aus den Zeiten, als im Vermittlungsauschuss erste zarte Bünde zwischen Rot und Schwarz geknüpft wurden, ist man sich nicht ganz grün. Genau: Es geht um Hartz IV, die Mutter aller missglückten Reformen, die nicht nur für die Betrofffenen sondern auch für die Bundesregierung richtig ins Geld geht.
Dabei ist der Streit völlig unnötig. Sparen könnte so einfach sein, wenn man sich nur Begleitgesetze etwas genauer betrachtete und einfach das Prinzip Kinderzuschlag (vgl. DER SPIEGEL 22/06, S. 32) richtig anwendet und ausweitet.
Auf den ersten Blick scheint eine Sozialleistung, deren Empfänger zum Teil weniger Geld zur Verfügung haben als ohne sie, recht sinnlos. Das 100 Euro Kinderzuschlag satte 18 Euro Verwaltungskosten verursachen spricht auch nicht so direkt für das verborgene Sparpotenzial.
Dennoch: In letzter Konsequenz verbirgt sich genau im Prinzip Kinderzuschlag die Lösung aller Hartz-Probleme. Es müssen nur möglichst viele ähnliche Zuschläge für einen möglichst großen Betroffenenkreis eingeführt werden und schon sinken die Gesamtausgaben rapide.
Ab 3 gewährten Zuschlägen muss die Bedarfsgemeinschaft nämlich Geld an den Staat zahlen. Was sie aber gar nicht merkt, da die Tage aller Familienmitglieder mit dem Ausfüllen der Anträge mehr als ausgefüllt sind.
Bei genügender Komplexität der Rechtslage – und da habe ich vollstes Vertrauen in unsere Legislative – wird überdies der Arbeitsmarkt gleich mehrfach entlastet: Jeder alphabetisierte Arbeitslose wird zur Antragsbearbeitung in den neu entstehenden Verwaltungsstellen dienstverpflichtet. Die Baubranche boomt – schließlich braucht die ausufernde Bürokratie (das sagt ja schon der Name) jede Menge neuer Büros. Und wenn die üblichen Verdächtigen die Software entwickeln, bekommen auch Informatiker des Geburtsjahrganges 2006 noch einen krisenfesten Arbeitsplatz.
Fehlen also nur noch die zuschlagsgeeigneten Bedarfstatbestände. Aber wenn sich im Koalitonsauschuss alle anstrengen, dürfte das kein Problem darstellen. Schließlich ist Schilda Deutschland ja das „Land der Ideen“…